Mit der Errichtung der neun Landespolizeidirektionen per 1.9.2012 sollen durch
schlankere Behördenstrukturen 10 Millonen Euro jährlich eingespart werden.
Verschwiegen wird dabei, dass durch die Behördenreform auch der Rechtsschutz in
vielen sensiblen Bereichen erheblich eingeschränkt wird, wie etwa im Versammlungsrecht.
Die Möglichkeiten gegen eine Versammlungsuntersagung vorzugehen sind
sehr bescheiden. Über Berufungen gegen ein Versammlungsverbot
entscheidet im Wesentlichen die Sicherheitsdirektion, also die oberste
Polizeibehörde. Es bedarf wohl nur eines gesunden Menschenverstandes,
dass diese nicht gegen die eigene Unterbehörde Entscheidungen trifft. Nach unseren
Kenntnissen, ist dies bisher auch noch nie passiert. Der Bescheid der
Sicherheitsdirektion kann in weiterer Folge nur vor dem VfGH angefochten
werden. Dies ist nicht nur Kostenintensiv, sondern dauert auch lange,
mit mindestens einem Jahr muss gerechnet werden.
Mit der Einführung der
Landespolizeidirektionen soll der Rechtsschutz aber nun
komplett beseitigt werden. Denn fungiert die Landespolizeidirektion
selbst als Versammlungsbehörde (quasi in allen Landeshauptstädten), ist
als Berufungsinstanz auch die Landespolizeidirektion vorgesehen. Die
beabsichtigte Einrichtung von sogenannten Rechtsmittelbüros, mag nichts
daran ändern, dass sich diese Regelung am Rande der
Verfassungskonformität bewegt. Wir sehen darin klar das rechtstaatliche
Prinzip und den damit eng zusammenhängenden Grundsatz der Effizienz des
Rechtsschutzes verletzt. Auch die in Art 13 EMRK garantierte
Grundrechtsbeschwerde wird so ad absurdum geführt. Zwar sollen mit der
Einführung der Landesverwaltungsgerichte am 1.1.2014, diese als
Berufungsinstanzen tätig werden, jedoch ist dieses Vorhaben lediglich in
der Regierungsvorlage festgeschrieben und noch nicht als Gesetz
beschlossen. Es ist also durchaus möglich, dass die
Landespolizeidirektionen auch nach dem 1.1.2014 als
„Rechtsmittelinstanz“, quasi für sich selbst, weiterbestehen; den
Sicherheitsbehörden würde dies gewiss nicht ungelegen kommen.
Unabhängig
von der juristischen Diskussion, bedeutet dies in der Praxis eine
erhebliche Einschränkung der Meinungsfreiheit und eine zusätzliche Hürde
für den politischen Willensbildungsprozess abseits der gesetzlichen
Vertretungskörper. Es besteht die Gefahr, dass kritische Initiativen
bereits im Vorfeld mundtot gemacht werden und der Willkür der
zuständigen Beamt_innen ausgeliefert sind. Wir fordern den Gesetzgeber
daher auf, diese juristische Farce unverzüglich zu beenden, und bis zum
tätig werden der Landesverwaltungsgerichte die Unabhängigen
Verwaltungssenate als Berufungsbehörden einzusetzen. Auch ein
"vorläufiger Rechtsschutz", wie er etwa in Deutschland existiert, wäre
Wünschenswert. Auf diese Weise wäre gewährleistet, dass über Berufungen
gegen Versammlungsuntersagungen zeitnah entschieden werden könnte.
Das
Versammlungsrecht steht dabei exemplarisch für andere Bereiche, in denen die Rechtsmittel
ebenfalls drastisch eingeschränkt werden. Zu diesen zählen etwas das Vereinsrecht sowie das Fremden-
und Sicherheitspolizeirecht.